Um eine Brustvergrößerung habe ich nicht gebeten

Melani "Melli" Gerusch

Melanie „Melli“ Gerusch

Wir möchten Ihnen heute Melanie “Melli” Gerusch vorstellen, die nach einer Brustkrebserkrankung 2013 begann, ihre Erlebnisse, ihre Gefühle, Ängste und Tiefen, aber ganz besonders auch ihre Hoffnungen und schönen Momente in einem Online-Blog zu notieren, zugänglich weltweit für jedermann: „LEBEN mit Brustkrebs : Überleben 2.0 – Den Brustkrebs besiegen“. Das war eine gute Idee, denn herausgekommen ist ein Erlebnisbericht, der viel mehr ist als eine reine Schilderung von Therapieschritten. Melanie berichtet nicht nur kenntnisreich und mit Humor von ihren Erlebnissen, sie leitet unter Überschriften wie “Papierkram” oder “Frisurgedöns” auch ganz konkrete Informationen und Tipps ab.

Langweilig oder belehrend wird es dabei nie. Im Gegenteil, man weiß beim Lesen manchmal nicht, ob man Lachen oder traurig sein soll. Und gelegentlich fragt man sich unwillkürlich: Darf ich darüber jetzt Lachen? Man darf und man soll! Selbst in schwierigen Situationen findet Melanie zu einem optimistisch-lebendigem Erzählstil, der den Leser in die jeweilige Situation mitnimmt. Zum Beispiel, wenn sie von einer Nachuntersuchung erzählt: “Bei dem Follow-Up im Krankenhaus werden die Brüste natürlich auch nochmal gecheckt. Stehe also mal wieder oben ohne im Untersuchungszimmer … Doc guckt … und guckt … guckt mich fragend an … ich: “Die linke war´s”… er: “Das ist echt gut geworden!” Dann: “Sie sind ein Phänomen! Normalerweise wird die bestrahlte Brust kleiner und nicht größer!” … ja … gesehen habe ich das auch schon … nervt mich auch kaum … habe bisher gehofft, dass es sich um irgendwelche Wund-, Lymph-, Was-auch-immer-Schwellungen handelt … Um eine Brustvergrößerung habe ich nicht gebeten.”

Wir haben Melanie gefragt, wie sie zum Schreiben gefunden hat und welche Erwartungen sie damit verbindet:

Ich habe Brustkrebs … ich will alles dokumentieren und schreibe das erste Mal in meinem Leben eine Art Tagebuch. Allerdings nicht klassisch in einem BUCH, sondern digital, weil es a) mir viel schneller von den Händen geht und b) ich eine grauenhafte Handschrift habe. Mein Entschluss, die Krankheit in einem öffentlich zugänglichen Blog zu dokumentieren, steht relativ schnell fest. Warum auch nicht? So kann ich allen Freunden, Verwandten und Bekannten die Blogadresse nennen und jeder, der mag, kann mitlesen … und ich muss nicht jeden Tag 20 Mal am Telefon dieselbe Story erzählen. Klingt egoistisch? Ist es auch 🙂 Natürlich wurde ich dennoch angerufen (ich wäre beleidigt gewesen, wenn es nicht so gewesen wäre) und das war auch völlig in Ordnung.

 

Ich war mir sicher, dass ich einen Blog schreiben will, wusste aber zunächst nicht wirklich, wie das geht, zumal ich bis dahin noch nie einen Text veröffentlicht hatte. Ich habe mir dann einige Blogs angeschaut und ein paar bloggende Bekannte gefragt, wie sie das machen. Als ich mich für WordPress* entschieden habe, habe ich einige Stunden daran gesessen, den Blog einzurichten und die Möglichkeiten zu erforschen. Nun bin ich schon recht internetaffin, daher gab es für mich nicht allzu viele technische Hürden.

 

Somit wusste ich schon einmal, wie und worüber ich schreiben wollte, aber noch lange nicht, was genau! Das Schreiben selbst ging mir dann aber relativ gut von der Hand. Ich schreibe einfach drauf los, lese den Text dann noch einmal und überarbeite ihn, wenn nötig. Aber im Großen und Ganzen sind die Blogeinträge spontan entstanden, ohne großartig über Formulierungen oder Ähnliches nachzudenken, also quasi „Frei Schnauze“.

 

Den ersten Beitrag habe ich am 4. August 2013 veröffentlicht, das war schon sehr aufregend. Natürlich fragt man sich auch: interessiert das irgendjemanden da draußen? Die Beiträge zu schreiben, tat mir sehr gut! Einfach nur loswerden, was einem auf der Seele brennt … ohne Rücksicht … ganz bewusst auch unter Verzicht auf Privatheit. Das war zumindest am Anfang mein “Antrieb”, zu schreiben.

 

Nach einiger Zeit habe ich mir mehr Gedanken darüber gemacht, was das Schreiben für mich bedeutet. Ich habe nicht mehr geschrieben, weil ich es loswerden musste, sondern weil ich meine Leser mit Informationen versorgen wollte.

 

Den Blog zu pflegen, und damit auch Interaktionen mit völlig fremden Menschen einzugehen, hat mir eine Menge gebracht. Aber es hat auch vielen in meinem Umfeld geholfen, mit der Krankheit Brustkrebs besser umzugehen. Die Scheu, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, wurde weniger und somit haben sich auch vermeintliche Grenzen verschoben.

 

Besonders freue ich mich über eMails, in denen sich andere Patientinnen für den Blog bedanken. Das ist eine sehr schöne Erfahrung: mit den eigenen Erlebnissen und Einsichten anderen Menschen zu sagen, Du bist nicht allein!

Wird sie ihren Blog weiterführen?

Es gibt nicht mehr allzu viele News (*klopf auf holz*), daher werden die Beiträge weniger. Aber ich versuche, regelmäßig ein Lebenszeichen von mir zu geben. Wenn es etwas zu berichten gibt oder wenn ich etwas loswerden möchte, mache ich das natürlich auch weiterhin … spätestens Mitte Oktober, wenn der nächste Nachsorgetermin hinter mir liegt. Ich hoffe, dass ich durch den Blog noch einiges von meiner Kraft abgeben kann!

Melanie hat nach Operation, Chemo- und Strahlentherapie eine berufliche Wiedereingliederung gewählt. Seit Mitte Juli 2014 ist sie wieder Vollzeit berufstätig. Den Wunsch, anderen Menschen Mut zu machen, hat sie sich bewahrt. Heute engagiert sie sich für das ehrenamtliche Projekt Herzkissen für Hamburg – Herzen gegen Schmerzen. (https://www.facebook.com/herzkissenhamburg).

Melanie ist 35 Jahre alt und lebt mit ihrem Freund in Hamburg. Wer mehr über ihre Geschichte wissen möchte: http://brustkrebs-blog.de.

* WordPress ist eine Blog-Software

3 Kommentare

  1. Hallo, ich bin Petra, 44 Jahre alt und habe gerade die Diagnose bekommen Brustkrebs mit Lymphbefall. Das, was Du schreibst, macht mir etwas Mut, das alles zu überstehen ist. Ich möchte für meine Kinder 7 und 5 Jahre noch lange eine gute Mutter sein -und habe so Angst, das nicht mehr sein zu können.

    • Hallo Petra. Schön, wenn meine Worte ein wenig Mut machen! Mit Kindern ist es sicherlich noch eine ganz andere Herausforderung, als wenn man sich, wie ich, einfach dem Sofa hingeben kann. Aber Mütter sind zäh 🙂 ! So ein kleines mieses Karzinom macht uns nicht platt! Ich wünsche Dir viel Kraft! Lass Dich nicht unterkriegen!

    • Liebe Petra, es tut mir leid, dass du das erleben musst. Die Versuchung ist groß, einen der „Musst“-Sätze zu schreiben. „Du musst jetzt stark sein, Du musst positiv denken“, diese ganzen dummen Phrasen. Ich habe zwei Krebserkrankungen hinter mir, bei der ersten Diagnose war meine Tochter 7 Monate alt. Das ganze Programm mit OPs, Chemo, Bestrahlung … Jahre später ging es wieder los, in der Zwischenzeit kaum ein Tag ohne einen Gedanken an die latente Gefahr. Obwohl ich fröhlich und optimistisch bin! Ich habe dabei viel gelernt. Vor allem, dass ich nichts MUSS. Du musst nur darauf achten, dich nicht verrückt machen zu lassen. Du wirst jetzt 500 tolle Tipps bekommen, bei welchem Bekannten welches Wundermittel oder ein Wunderdoktor Wunder bewirkt hat … Und all die neuen Studien erst!!! Mit solchen Tipps wollen sich die meisten leute nur freikaufen von dem Moment. Die haben Dir dann einen angeblichen Ausweg gezeigt, dann hör aber auch auf zu jammern!!! Mir hat es sehr geholfen, alle Therapieschritte bewusst zu begleiten, jeden Arzt habe ich gelöchert, bevor ich eine Therapie angefangen habe. Ich wollte einfach sicher sein, ein Mindestmaß an Kontrolle und Eigenverantwortung zu behalten. Es hat mir auch geholfen, mich trotz der Angst auf die wesentlichen Dinge in kleinen Schritten zu konzentrieren, oft habe ich nur noch die nächsten Tage geplant, zu mehr war ich auch manchmal gar nicht mehr in der Lage. Wenn diese kleine Planung dann auch funktionierte, habe ich mich immer gefreut. Na bitte, geht doch, du bist noch am Ball. Und dann die nächste Woche. Und noch eine.
      Achte auf dich und Deine Familie. Überlege, ob Du Hilfe für Deine Kinder möchtest. Sie sind ja noch so klein und leiden mit dir, verstehen aber nicht, was los ist. Wenn sie gut betreut werden, kann das vielleicht auch dir ein wenig von deiner Last nehmen.
      Ich sage auch nicht den dümmsten aller Sätze „Alles wird gut“. Aber ich denke an dich (auch wenn wir uns gar nicht kennen), weil jeder Mensch es verdient, das jemand in Gedanken bei ihm ist. Ich wünsche dir, dass du in guten Händen bist und liebe Menschen um dich hast, die Dir ehrlich, mutig und geduldig zur Seite stehen!
      Pass auf dich auf! Susanne PS: Meine Tochter studiert heute!

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