Über das Wesen von Krebs: Können Zellen „böse“ sein?

Maligne Tumoren sind gefährlich, aber dass sie als “bösartig” beschrieben werden, ist eigentlich falsch. Voraussetzung für Bösartigkeit wäre ein bewusster, zielgerichteter Wille sowie eine emotionale Beteiligung. Einen solchen Willen hat eine Krebszelle nicht. Dazu müsste sie wissen, dass sie den Organismus schädigt, und sie müsste ihn auch schädigen wollen. Sie ist jedoch kein planvoll agierendes Lebewesen (wie man es vor 100 Jahren dachte), das den Körper „zerfrisst“, sondern das Ergebnis einer unglücklichen Verkettung von Zufällen. 

Eine Krebszelle ist eine körpereigene defekte Zelle ohne Ziel und Willen, die als Ergebnis einer Reihe von Kopierfehlern ihre Funktion verloren hat. Ihr Stoffwechsel ist von  Zellatmung auf Gärung umgestellt, bei der als Nebenprodukt Milchsäure entsteht. Diese Milchsäure zerstört das an die Krebszelle angrenzende gesunde Gewebe. Nur dieser Effekt erlaubt es der Krebszelle, bei Kontakt mit gesundem Gewebe dieses zu zerstören und sich selbst auszubreiten. Zugleich ist die Krebszelle oft dem Zugriff der körpereigenen Reparatur- und Abwehrsysteme entzogen. Dieser Prozess verläuft nur scheinbar zielgerichtet (teleonomisch), die Zellen verfolgen jedoch keine Ziele.

Sie sind nicht bösartig in dem Sinne, den Organismus vorsätzlich schädigen zu wollen. Das mindert natürlich nicht ihre Gefährlichkeit, eine rationale Sichtweise hilft aber bei der emotionalen Auseinandersetzung mit der Krankheit Krebs. Die Vorstellung desorientierter defekter Körperzellen ist dabei für viele Menschen leichter zu ertragen, als das  lähmende Gefühl, höhere Mächte oder womöglich eigene Schuld wären am Werke. Der Patient kann sich dann auf die Folgen der Erkrankung konzentrieren („Wie geht es weiter?“) und muss sich nicht zusätzlich mit der Suche nach den Ursachen  belasten.


 

Dieser Beitrag erschien auch auf http://leitfaden-krebs.de

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