Am 08. November jährt sich der Welttag für Kinder krebskranker Eltern zum 5. Mal

Am 08.11.2015 hat die gemeinnützige Beratungsstelle Flüsterpost e.V. diesen Welttag für Kinder krebskranker Eltern ausgerufen-

Das Friesennest im Haus Leben e.V. gibt es schon seit 2008!

Warum brauchen betroffene Kinder und Eltern Unterstützung?

Wenn ein Eltern- oder Großelternteil an Krebs erkrankt, verändert dies das Leben aller Familienzugehörigen und kann zunächst bei den Erwachsenen Ängste auslösen, hilflos und sprachlos machen. Insbesondere Kinder werden in dieser Situation häufig nicht ausreichend berücksichtigt. Sie fühlen sich schnell ausgeschlossen und können mit Schuldgefühlen, Verhaltensauffälligkeiten bis hin zu körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen reagieren und laufen Gefahr, traumatisiert zu werden.

Laut Robert-Koch-Institut erkranken in Deutschland rund 500.000 Menschen jährlich neu an Krebs. Ausgehend von den Daten der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister lässt sich schätzen, dass davon etwa 13 % der Männer und ca. 20 % der Frauen zwischen 20 und 54 Jahren alt sind. Darunter erkranken alleine 69.000 Frauen mit Brustkrebs, der häufigsten Krebserkrankung bei Frauen.

Laut Schätzungen der Deutschen Krebshilfe erleben in Deutschland jährlich bis zu 200.000 Kinder unter 18 Jahren, dass ein Elternteil an Krebs erkrankt. Eine statistische Erfassung dieser Kinder durch das deutsche Krebsregister gibt es bisher nicht!

Die wenigen existierenden wissenschaftlichen Untersuchungen, vor allem aus dem anglo-amerikanischen Ausland, deuten darauf hin, dass zum einen die Lebenssituation und Entwicklung der betroffenen Kinder durch dieses familiäre Ereignis wesentlich beeinflusst werden. Zum anderen fühlen sich die erkrankten Eltern sowie das medizinische Fachpersonal im Hinblick auf kindgerechte differenzierte krankheitsvermittelnde Kommunikation mit den Kindern hilflos und überfordert!

An der University Medical Center in Groningen untersuchten Forscher Jugendliche, nachdem bei Vater oder Mutter Krebs diagnostiziert wurde. Vier Monate nach dieser Mitteilung wies fast jeder dritte der Heranwachsenden Stresssymptome auf, nach sechs Monaten waren es noch 16 Prozent und nach einem Jahr schließlich noch 14 Prozent. In der Studie heißt es:

Die Stresssymptome können bei längerem Anhalten zu einer post-traumatischen Belastungsstörung (PTBS) führen, einem Krankheitsbild, das sich durch vielfältige Symptome wie etwa Alpträume, große Traurigkeit oder Schuldgefühle äußert.“ (Huizinga, 2005)

Laut Untersuchungen an der Uniklinik Hamburg-Eppendorf zeigen 30 – 50 % der mitbetroffenen Kinder Verhaltensauffälligkeiten.

Professionell präventiv begleitete Kinder zeigen signifikant weniger klinische Symptome (Romer & Haagen 2007 sowie Haagen & Möller 2014).

Der deutsche Kinder- und Jugendpsychiater Peter Riedesser beobachtete 1999 u.a. folgende „Hauptsymptome einer dysfunktionalen Bewältigung bei Kindern chronisch kranker Eltern“, wie z. B. Kinder krebskranker Eltern:

  • regressive Symptome (z.B. Daumenlutschen, Trennungsangst, Einnässen
  • Konzentrations- und Lernstörungen
  • Angstsymptome
  • depressive Symptome mit/ohne Suizidalität
  • Überanpassung („pathologische Unauffälligkeit“)

Die psychische und soziale Entwicklung der Kinder kann dadurch erschwert und nachhaltig geschädigt werden!

Das offene, ehrliche und altersgemäße Gespräch zwischen Erwachsenen und Kindern hilft, die „Familiendiagnose Krebs“ gemeinsam zu bewältigen, beim Leben mit der Krankheit oder bei Abschied und Trauer. Dies kann möglichen Verhaltensauffälligkeiten, psychischen oder psychosomatischen Reaktionen, Traumatisierungen und chronischen Erkrankungen bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen entgegenwirken!

Betroffene Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene brauchen eine Lobby in Deutschland! Auch das bundesweite Netzwerk „Interessensgruppe Kinder krebskranker Eltern“, (organisiert über die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Psychosoziale Onkologie) setzt sich dafür ein. Wir brauchen weit mehr Fachberatungsstellen, die von den Krankenkassen regelfinanziert werden! Bisher sind die meisten spezialisierten Unterstützungsangebote von Spenden abhängig. Das muss sich in naher Zukunft ändern, damit die professionelle Beratung und Begleitung für betroffene Familien langfristig gesichert ist!

Das Friesennest im Haus Leben Leipzig betreut seit 2008 Kinder und Jugendliche aus der Region Leipzig in allen Phasen der Krebserkrankung ihrer Eltern. Bei uns finden sie einen psychologisch und therapeutisch gestalteten Zufluchts- und Bewältigungsort für ihre Fragen, Hoffnungen, Bedürfnisse, Trauer und Ängste, betreut von einem Team spezialisierter Psychologen, Therapeuten und Sozialarbeiter:

  • Einzelgespräche
  • Familiengespräche
  • Kunsttherapie für Kinder und Jugendliche
  • Gruppen für Kinder

Haus Leben e.V., Friesenstr. 8, 04177 Leipzig Wir sind gerne für Sie da Tel: 0341-4442316

Frühe Verluste im Kindesalter erhöhen das spätere Psychoserisiko

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Im Friesennest betreuen wir Kinder von Krebspatienten in allen Phasen der elterlichen Erkrankung, auch im Todesfall. Wenn Eltern schwer erkranken oder sterben, stellt dies für die Kinder ein erhebliches Trauma dar. Insbesondere der Tod eines Familienangehörigen erhöht die Gefahr einer späteren Psychose, wie eine jüngere Studie aus Schweden anhand der Auswertung der Entwicklung von über einer Millionen Kindern belegt.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Gefahr einer Psychose steigt, je früher das Kind mit einem Todesfall konfrontiert wurde.

Gleiches gilt übrigens für andere psychische Belastungen im Kindesalter, eben auch für eine schwere Erkrankung der Eltern. Deshalb kommt der zeitnahen therapeutischen Betreuung des Kindes eine so große Bedeutung zu.

Studiennachweis: Abel KM et al. BMJ 2014; 348:f7679